"Wir sind ein Krankenhaus!" Diese Antwort bekam ich mal auf die Frage, ob man denn schon Methoden aus dem New Work-Repertoire ausprobiert habe. Weil ich glaube, dass Fachkräftemangel und Ermüdungserscheinungen am Klinikbett auch etwas mit der Art des Miteinanders zu tun haben. Dass Faktoren wie Selbstwirksamkeit, Mitgestaltung und Innovation in interdisziplinären Teams ein Schattendasein fristen. Die Antwort "Wir sind ein Krankenhaus!" bedeutet: "Nö. Wir sind an Dienst- und Schichtpläne gebunden, es geht um Leben und Tod, wir haben hierarchische Strukturen und Prozesse. Wir können da leider nicht raus."
Natürlich gelten in der Klinik andere Voraussetzungen als in Software-Start Ups. Überrumpelungsaktionen und One size fits all-Konzepte machen wenig Sinn. Aber hey, es muss ja nicht gleich die revolutionäre hierarchiefreie Struktur á la Buurtzorg sein. Schon kleine Interventionen können einen Shift in die richtige Richtung auslösen: Warum nicht mal die Customer bzw. Patient Journey gemeinsam mit Verwaltung, Pflege und Medizinern in den Blick nehmen? Oder die Markenidentität der Klinik als Zukunftswerkstatt co-kreativ aufsetzen? Dröge gewordene Regeltermine der Krankenhausleitung als Open Space durchführen? Stationsleitungen und Oberärzt*innen mit leicht zu lernenden hocheffektiven Methoden wie Liberating Structures bekannt machen? Oder beziehungsorientierte Lernerlebnisse wie Working out Loud anbieten?
Meine Erfahrungen damit sind durchweg gut:
Patient Journey: Zu sehen, wie die Chefärztin entdeckt, an welchen Stellen der Personaler Einfluss auf den Patienten hat. Marketingfrau und Pfleger ins Gespräch über Themen für den nächsten Blogartikel kommen. Oder alle zusammen feststellen, dass die Pflegeausbildung mehr Verknüpfung gebrauchen könnte und gleich Ideen entstehen.
Co-Creation: Mitzuerleben, wie sich Menschen ein Thema zu eigen machen, weil sie gefragt werden und Gehör finden. Wie sie sich mit Leidenschaft engagieren und bereit sind, gemeinsam etwas zu verändern.
Regelformat reloaded: Zu hören, dass sich die Teilnehmer jetzt auf die früher ungeliebte Sitzung freuen und sich auch besser vorbereiten, seit man die hinterm Konfitisch verschanzten Powerpoint-Schlachten bleiben lässt.
Liberating Structures probiere ich derzeit mit ersten Testgruppen in der Klinik aus. Und mit WOLgoesHealthcare gibt bald ein aufs Gesundheitswesen angepasstes Framework der erfolgreichen Methode. Da ist Musik drin!
Jetzt gilt es, eine starke Community zu bilden. Für alle, die nicht länger darauf warten wollen, dass die Politik Probleme löst. Die eigene Spielräume finden und gestalten möchten. Für Freude an der Arbeit, bessere Stimmung in den Teams, Abbau von Silos und ein verantwortliches Miteinander. Damit die Healthcare-Profis an Bord bleiben, nicht den Mut verlieren und sich einen attraktiven Arbeitsplatz mitgestalten. Für alle Berufsgruppen, und besonders die Pflege.
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